Zum Internationalen Tag der Gebärdensprachen am 23. September 2024 erklärt der Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Belange von Menschen mit Behinderungen im Gesundheitsausschuss, Hubert Hüppe:
Der am 23. September stattfindende internationale Tag der Gebärdensprachen hat seit seiner ersten Begehung im Jahr 2018 nicht an Relevanz verloren. Im Gegenteil, noch immer werden die Gehörlosenkultur und Gebärdensprachen diskriminiert.
Das diesjährige Motto des Welttages – „Unterschreiben für die Rechte der Gebärdensprachen“ („Sign up for Sign Language Rights“) – erweist sich für Betroffene als besonders akut angesichts der fortdauernden Missachtung ihrer Rechte und der fehlenden Sichtbarkeit der Deutschen Gebärdensprache (DGS) u.a. in der Politik, Kultur, Medien, Arbeit oder Ehrenamt.
Obwohl die DGS durch das Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen vor 22 Jahren als vollwertige Sprache in Deutschland anerkannt wurde, bleibt den Gehörlosen ein umfassender barrierefreier Zugang zum gesellschaftlichen Leben verwehrt.
In beruflichen Kontexten, im Gesundheitswesen oder bei Behördengängen können Betroffene trotz Anspruch auf den Einsatz eines Gebärdensprachdolmetschers nicht uneingeschränkt kommunizieren: Sei es aufgrund des Mangels an Übersetzern oder des Fehlens an Fachkompetenz, um den besonderen Bedürfnissen von Gehörlosen gerecht zu werden. Auch bilden durch DGS gestaltete TV-Sendungen immer noch eine Ausnahme. Häufig wird Tauben eine ortsnahe gesundheitliche Versorgung in derselben Bandbreite und von derselben Qualität wie für Menschen ohne Behinderungen verwehrt. Die politische Teilhabe von Gehörlosen ist aufgrund der Kosten fast unmöglich. Deutlich stärker sind Taube trotz gleichwertiger Fähigkeiten und Kenntnisse von Arbeitslosigkeit betroffen, der Zugang zum Arbeitsmarkt wird ihnen versperrt.
Die Kluft zwischen dem Rechtsanspruch auf Chancengleichheit und der tatsächlichen Lebenswirklichkeit muss für Gehörlose dringend überwunden werden.
Die jetzige Bundesregierung hat bis heute diese Probleme nicht aufgegriffen. Laut ihrem Koalitionsvertrag sollte ein Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen bereits seit Ende 2022 vorliegen. Bis heute liegt dieser Plan nicht vor. Selbst wenn noch vor Ende der Wahlperiode ein Aktionsplan vorliegen würde, ist zu befürchten, dass es zwar einen Plan, aber keine Aktion zur Barrierefreiheit geben wird.
Durch das fehlende Verständnis der Bundesregierung für die Lebenssituation der Gehörlosen wird die Teilhabe für Betroffene im Alltag sogar erschwert. Fatal war der Abbau von rund der Hälfte der Berater in der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB), die in der Lage waren, Gehörlose und Taubblinde barrierefrei zu beraten.
Zudem beträgt jetzt in manchen Gegenden in Deutschland, wo wenig Gebärdensprachdolmetscher zur Verfügung stehen, die Wartezeit, bis man einen Dolmetscher buchen kann, 8-16 Wochen. Hier muss die Bundesregierung Lösungswege anbieten.
Durch die missglückte Reform der UPD (Unabhängige Patientenberatung Deutschland) gibt es seit Dezember letzten Jahres kein Angebot an Beratung für Gehörlose.
15 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention muss das Recht auf Teilhabe für Gehörlose dringend durchgesetzt werden.
Die Bundes-, Landes- und Kommunalregierungen müssen gleichermaßen in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen endlich Rahmenbedingungen schaffen, damit u.a. mehr Gebärdensprachdolmetscher ausgebildet und unbürokratisch flächendeckend eingesetzt werden können.