Welttag der Menschen mit Behinderungen: Hubert Hüppe mahnt: „Inklusion erfährt Rückschritt“

Anlässlich des Welttags der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember erklärt der Berichterstatter für die Belange von Menschen mit Behinderungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss und ehemalige Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe:

Am 3. Dezember 2023 wird weltweit zum 31. Mal der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen begangen. Er soll die gleichberechtigte Teilhabe und umfassende Inklusion von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen bekräftigen.

In Deutschland hat die Umsetzung des Menschenrechts auf Inklusion Rückschläge erlitten. Während zu Beginn der Umsetzungsphase nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) im Jahr 2009 noch Aufbruchsstimmung herrschte und Erfolge verbucht wurden, haben sich die Sonderstrukturen inzwischen wieder durchgesetzt. In vielen Bundesländern werden neue „Förder“schulen gebaut, um Schüler mit Behinderungen auszusondern. Auch im Arbeitsmarkt hat die Ampelkoalition es versäumt, tatsächliche Strukturreformen umzusetzen. Nach wie vor werden viele Menschen mit Behinderungen auf „Werkstätten für behinderte Menschen“ (WfbM) verwiesen. Menschen mit Behinderungen, die die Werkstatt verlassen wollen, werden häufig besonders in der Rente schlechter gestellt. Entgegen des ausdrücklichen Willens des Bundestages hat die Bundesregierung im Oktober auch auf Druck des Bundesrates die Finanzierung für Sondereinrichtungen aus der Ausgleichsabgabe verlängert. Die Betriebe, die fahrlässig oder vorsätzlich keine Menschen mit Behinderungen beschäftigen, müssen nach dem Willen der Regierungsparteien im Bundestag zukünftig nicht mehr mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren rechnen.

Auch im Bereich Barrierefreiheit kommt Deutschland nicht voran. Erst jetzt beginnen die Planungen des im Koalitionsvertrag versprochenen Aktionsplans für ein inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen. Dieser Plan sollte eigentlich schon letztes Jahr fertig sein. Jetzt spricht man von Sommer 2024. Es ist mehr als ein Verdacht, dass man offensichtlich den Aktionsplan immer weiter zeitlich verschiebt, um in dieser Wahlperiode keine Maßnahmen mehr umsetzen zu müssen. Gerade im Gesundheitswesen vermissen die Selbsthilfeverbände von Menschen mit Behinderungen die faire Beteiligung von Anfang an bei Gesetzgebungsverfahren, die sie betreffen. Von einer inklusiven Beteiligungskultur sind wir weit entfernt.

Die Politik muss auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene die menschenrechtlichen Vorgaben aus der UN-Behindertenrechtskonvention konsequent umsetzen. Der Prüfbericht des UN-Fachausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 8. September 2023 ist eine Blamage für Deutschland. Anstatt an den starren Sonderstrukturen festzuhalten, müssen Wege für ein selbstverständliches Miteinander von Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen mit und ohne Behinderungen gefunden werden. Wer Inklusion will, sucht nach Wegen, wer sie nicht will, nach Begründungen.

Foto: DBT/Stella von Saldern.

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